Nur so zum Spaß...


Immer wieder mittwochs gegen 20:00 Uhr kann man an der Kaserne in der Max-Planck-Straße eine Zusammenrottung von meist älteren und etwas verwegen anmutenden Personen beobachten. Sie verkleiden sich mit weißen Anzügen, die von verschiedenfarbigen Stricken zusammengehalten werden, und versammeln sich im hinteren Teil einer Turnhalle, den sie Dojo nennen (nicht zu verwechseln mit Jojo und auch nicht mit dem aus dem Englischen kommenden "do you"). Nun teilen sie sich in zwei Gruppen ("Halbnackte"  und  "Angezogene") und prügeln – ihre bunten Stricke schwingend – aueinander ein.


Zwischen den Spielern ist gelegentlich ein kleiner gelber Schaumgummiball zu entdecken. Es scheint so, daß jemand, der sich in der Nähe dieses Balles aufhält, damit kundtut, das er besonders heftig geprügelt werden möchte.

Dieses für Außenstehende unverständliche und chaotische Treiben – sie nennen es Gürtelball – wird nach ca. 20 Minuten jäh beendet. Alle Beteiligten knien sich nieder und verneigen sich bis auf den Boden. Der Anführer, der ihnen gegenübersitzt (und bis dahin kräftig mitgeprügelt hat), nimmt ihre Entschuldigung an. Dann ordnet er an, im Kreis zu laufen, sich auf den Boden zu legen und Hände und Füße gegeneinanderzuschlagen,


andere an den Füßen zu fassen und vorwärtszuschieben oder sich vorwärts und rückwärts zu rollen. Die Teilnehmer stöhnen dabei häufig, scheinen aber auch Vergnügen daran zu finden, denn sie führen alle Anweisungen aus. Es fällt auf, daß die Frauen anders behandelt werden als die Männer. Sie dürfen oft nur die Hälfte dieser Übungen mitmachen. Ihr an dieser Stelle auftretendes leises Murren scheint der Anführer jedoch nicht wahrzunehmen.

Nach dieser eher friedvollen Phase finden sich die Teilnehmer in Paaren zusammen. Dabei halten sie sich intensiv aneinander fest und drehen sich mehr oder weniger heftig im Kreis. Dabei stolpert einer der Partner gelegentlich und fällt mit einem lautem Knall zu Boden. Diese Stolperübungen werden vom Anführer nach einem offensichlich festgelegten System vorgeführt. Dann sitzen alle friedlich und aufmerksam im Kreis und versuchen anschließend, ihm nachzueifern.



Später zeigt er ihnen auf die gleiche Art und Weise, wie man andere Menschen festhällt oder würgt. Danach wälzen sich alle Paare auf dem Boden und versuchen wieder, ihn nachzuahmen. Er selbst geht zu den einzelnen Paaren und wiederholt seine vorherigen Ausführungen.

Der Anführer scheint der gute Geist der Horde zu sein, denn er bringt es fertig, diesen ziemlich ungezügelten und tollpatschigen Haufen immer wieder zur Ruhe zu bringen und zu sinnvollen Bewegungsabläufen anzuleiten. Zum Schluß verneigen sich wieder alle vor ihm – offensichlich glücklich und zufrieden.

(Brigitte Blümel, Ralf Geffers, Ekkard Warmholz)



Der Text ist dem Programmheft zur 9. Deutsches Frauen-Vereins-Mannschaftsmeisterschaft im Judo am 3. Juni 1989 in Braunschweig entnommen.

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Letzte Änderung: 07.06.2018