Der Weg ins Michelangelo

(Aus "move it...", der Zeitschrift des PSV Braunschweig vom Dezember 1998)

Rausschmiß im Polli

Die Judo-Hobby-Gruppe bringt jeden Mittwochabend 20 bis 25 Leutchen zwischen 17 und 61 Jahren auf die Matte, die nach dem Training gern ihren Durst löschen. Die Umstände ergaben nun im Frühjahr einen Wechsel unseres Stammtisches in das Polli, wohin uns auch eine Art moralischer Pflicht zog. Im "Vereinsheim" wurden wir angenommen und waren auch zufrieden, den Wirt gelegentlich hinter dem Fernseher hervorrufen zu müssen.

Dann und wann zwickte einigen unserer Sportlerinnen und Sportler aber der Magen. Leider, so wurde uns gesagt, sei die Küche gegen 22 Uhr, wenn wir zu erscheinen pflegten, in aller Regel geschlossen. Wir möchten doch vorher anrufen, falls wir noch etwas essen wollten. Unsere Hinweise auf gewisse technische Probleme dieses Wunsches wurden nicht gehört. Nun begab es sich am 7.10.1998, daß ein Judoka ein Handy bei sich führte und er die Küche des Polli aktivieren wollte. "Die Küche ist zu, wenn sie noch Essen wollen, besorgen Sie das woanders", bullerte es ihm entgegen.

Absage oder Aufforderung? War es ein Mißverständnis oder der Schalk, der den Judoka und zwei weitere trieb, an einer Imbißbude zwei Pappteller mit Pommes und ein mit Gyros belegtes Brot zu erwerben? Jedenfalls tauchten die drei - als der Rest der Truppe schon nichts ahnend im Polli den Durst zu löschen begann - dort auf und kredenzten der fröhlichen Runde freigiebig das kleine Mahl. Man langte kräftig zu und labte sich ohne jeden Arg.

Doch das Unheil nahte, Pommes machen durstig. "Bitte noch ein Bier, zwei Weizen, eine Cola" und so ähnlich lauteten die Wünsche zur Theke, die der Wirt wenig später persönlich erfüllte. Die Tat war entdeckt: "Das geht aber nicht, Sie können kein Essen mitbringen!" "Aber Herr Wirt, wir haben doch angerufen und Sie haben selbst gesagt..."; die Erklärungsversuche wurden barsch abgeschnitten: "Sie kommen hier nicht wieder her!". Basta, wir waren rausgeschmissen, die Kollektivstrafe war ausgesprochen. "Ich bin doch keine Pommesbude!"

Es mag sich jeder ein eigenes Urteil bilden. Wir treffen uns jetzt bei einem der treuesten Sponsoren des Polizeisportvereins, im Michelangelo.

Heiner Sauer


Günthers Bekenntnis

Ich bekenne - nach dem Training in fremde Kneipen gegangen zu sein.
Ich bekenne - von einem tiefen Gefühl der Solidarität mit dem Polli übermannt worden zu sein.
Ich bekenne - in fremden Kneipen so auch im Polli einen Wunsch auf Speisen verspürt zu habe.
Ich bekenne - dem Angebot des Polli "Ruft vorher an und ihr könnt essen!" geglaubt zu haben.
Ich bekenne - nach einem Anruf abgewiesen worden zu sein.
Ich bekenne - eigene Speisen mitgeführt zu haben.
Ich bekenne - einen Platzverweis erhalten zu haben.
Ich bekenne - eine hilflose Wut verspürt zu haben.
Ich bekenne - Essensreste hinterlassen zu haben.
Ich bekenne - das ungastlich Lokal zusammen mit 25 Judoka verlassen zu haben.
Ich bekenne - Dienst am Gast nun mehr bei einem italienischen Mitbürger zu genießen!!!

(Günther Müller, genannt: Der Bekenner)


Rausschmiß im Polli und Günthers Bekenntnis im Original

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Letzte Änderung: 07.06.2018